
Campen ohne Zelt – 10 Tipps für Neulinge
Alle Wander- und Campingfreunde lieben sie: die Vorstellung in einem Zelt in der wilden Natur zu übernachten, den Verschluss des Zeltes am nächsten Morgen zu öffnen und ein atemberaubendes Naturpanorama direkt vor den eigenen Augen zu finden.
Doch wie bei so vielen Dingen klaffen Vorstellung und Realität gerne einmal etwas auseinander. Und dabei will ich nicht sagen, dass Zelten keinen Spaß macht. Ganz im Gegenteil. In einer Sommernacht an einem abgelegenen See zu Campen gehört zu meinen wohlbehütetsten Erinnerungen. Aber mit dem Zelt ist man unflexibel. Nicht überall lässt sich ein ebener Untergrund finden und auf einem Stein zu schlafen ist nicht gerade gemütlich.
Außerdem braucht ein Zelt ein Weile, bis es aufgebaut ist. Habt ihr schon einmal nach Sonnenuntergang ein Zelt aufgebaut? Das hat schon etwas von Blinde Kuh.
Außerdem schränken wir unsere Erfahrung der Natur durch das Zelt ein. Wir schirmen uns von der Außenwelt ab, fühlen uns zwar sicherer, aber bekommen auch deutlich weniger mit. Deswegen lass mich dich überzeugen, deinen nächsten Wanderausflug mit einem Biwaksack oder einer Hängematte zu bestreiten! Du wirst es nicht bereuen.
Randnotiz: Wildcampen in Deutschland
Deutschland besitzt einen strengen Gesetzeskatalog, der das Übernachten in der wilden Natur in vielen Fällen nicht ohne Weiteres möglich macht. Die Regelungen zwar von Bundesland zu Bundesland variieren, aber erst einmal kein Wildes Campen tolerieren. Zwar gibt es Ausnahmen, aber bei den geregelten „wilden“ Campingplätzen kommt wohl kaum Abenteuerlust auf.
Es gibt allerdings Grauzonen, die deutsche Naturliebhaber ausgemacht haben. Während das Nächtigen in Naturschutzgebiete und Ähnlichem strengstens untersagt ist, gilt für viele andere öffentliche und auch private Flächen ein Recht auf Erholung. Hier werden zwar keine Zelte toleriert, aber Biwaksäcke und Hängematten sind oft kein Problem.
Diese sind nämlich weitaus unauffälliger, weniger intrusiv und fallen in die eben genannte Grauzone. Biwaksäcke sind am schonendsten und werden wohl kaum einen stören und auch Hängematten können sehr schonend zwischen zwei Bäumen aufgespannt werden. Mehr dazu später.
Ich kann dir zwar keine gesetzliche Garantie geben, dass du mit einer Zeltalternative keine Probleme haben wirst, aber spreche aus eigener Erfahrung, wenn ich sage, dass es praktisch nie zu Konfrontationen kommt. Ganz praktisch ist das Campen ohne Zelt in Deutschland erlaubt, wie auch in vielen anderen europäischen Ländern.
Warum Campen ohne Zelt besser ist – Weniger Stecken und weniger Schleppen
🟢 Neben der wunderbaren Nähe zur Natur haben Biwaksack und Hängematte auch einige praktische Argumente auf ihrer Seite. Zum einen passen sie sich besser dem Rucksack eines Wanderers an. Die meisten Zelte sind sperrig, benötigen viel Platz und lassen sich schlecht in einem Rucksack verstauen.
Biwakieren kannst du dagegen mit lediglich drei Ausrüstungsgegenständen. Auch eine übernachtungstüchtige Hängematte benötigt nur vier bis fünf Einzelteile. Und es kommt noch besser. Diese kannst du auch viel schneller herrichten, wenn du nach einem langen Wandertag endlich einen geeigneten Schlafplatz ausgemacht hast.
Dein Biwaklager dürfte in weniger als fünf Minuten hergerichtet sein und die Hängematte nimmt etwa zehn Minuten deiner Zeit in Anspruch, während dein Zelt mindestens 15 Minuten benötigt, es sei denn du hast ein Wurfzelt mitgeschleppt.
🟢 Außerdem bietet eine Hängematte den perfekten Schutz für jeden, der es nicht so mit Insekten hat. Im Gegensatz zum Zelt gibt es hier keine Lücken und Ritzen durch die Spinnen, Ameisen und Co. in deinen Schlafsack geraten können. Zwar habe ich einmal erlebt, dass eine Schar Ameisen versuchte über einen Gurt in meine Hängematte zu gelangen, doch scheiterten sie an dem Scharnier, der den Gurt mit der Hängematte selbst verband. Punkt für die Hängematte.
Das Campen ohne Zelt ist nicht gefährlich, wenn du die richtigen Vorkehrungen triffst. Gehe sicher, dass dein Nachtlager nicht in der Nähe eines Tierbaues liegt und verstaue kein Essen in oder bei deinem Lager. Verstaue diese in einem separaten Beutel, verschließe diesen gut und hänge ihn an einen Baum in der näheren Umgebung.
🟢 Und ja, auch die Aussicht ist ein Argument für die Hängematte. Ich werde nie vergessen, wie ich am Morgen meines allerersten Campingausfluges mit der Hängematte wach wurde und direkt in das gleißende Licht der aufgehenden Sonne schaute. In der Nacht davor hatten wir in aller Schnelle und Dunkelheit unser Lager aufgeschlagen und kaum Gedanken an den nächsten Morgen verschwendet. Umso schöner war die Überraschung, als ich den Sonnenaufgang in den Bergen beobachten konnte, ohne mich einen Zentimeter aus meinen „Bett“ bewegen zu müssen.
So richtest du dein Biwak richtig her
Für dein komplettes Biwak benötigst du einen Schlafsack, eine Isomatte und einen Biwaksack. Bei der Auswahl dieser Komponenten solltest du dabei vor allem auf drei Kriterien achten: die Verarbeitungsqualität, das Packmaß und die Temperaturtoleranz.
🟢 Dein Schlafsack sollte eine sehr hohe Temperaturtoleranz haben. Jeder Schlafsack verfügt über eine Skala, die dem Nutzer zeigt, bei welchen Temperaturen die Komfortzone herrscht und welche Temperaturen der Schlafsack maximal verträgt. Für eine erholsame Nacht unter dem freien Sternenhimmel sollte die niedrigste Temperatur der Nacht innerhalb der Komfortzone des Sacks liegen.
Die Bergzeit empfiehlt mindestens eine Untergrenze von -15 Grad Celsius. Mein eigener Schlafsack reicht sogar bis -20 Grad Celsius. Hierbei kommen also ausschließlich Winterschlafsäcke in Frage, die auch zu erschwinglichen Preisen in Discountern erhältlich sind. Große preisliche Unterschiede entstehen erst durch die unterschiedliche Verarbeitungsqualität und das variierende Packmaß.
Ein kleinerer Winterschlafsack kann dir auf einer mehrtägigen Wanderung wertvollen Platz sparen. Ein hochwertiger Schlafsack wird zudem mehr Wanderausflüge und Waschgänge überleben. Hier liegt es an dir abzuwägen, wieviel du zu investieren bereit bist und welche Qualität dein Produkt haben soll. Oft liegt das beste Produkt irgend wo in der Mitte.
🟢 Die Auswahl der Isomatte fällt dagegen deutlich leichter. Generell gibt es zwei Typen von Isomatten, die du verwenden kannst. Feste, klappbare Isomatten, die du außen an deinen Rucksack schnallen kannst und aufblasbare Isomatten, die sich auf einen Bruchteil ihrer Größe komprimieren lassen.
Ich bevorzuge eine aufblasbare Isomatte, da sie in meinem Rucksack nicht mehr Platz als eine kleine Wasserflasche einnimmt. Allerdings ist auch sie nicht ohne Tücken. Denn die aufblasbaren Modelle sind deutlich anfälliger für Abnutzungen und Schäden. Meine eigene Matte musste ich bereits ersetzen, denn nichts ist lästiger als eine Matte, die über Nacht ihre Luft verliert. Hier liegt es komplett an dir, wofür du dich entscheidest. Keine der beiden ist von Grund auf besser als die andere.
🟢 Zu guter Letzt das Herzstück: der Biwaksack. Seine Aufgabe ist es dich vor den Launen der Natur zu schützen. Die Auswahl hier fällt sogar noch leichter, weil sich die meisten Produkte sehr ähneln.
Sie bestehen lediglich aus einer dünnen, wasserfesten Isolierschicht, die über den Schlafsack gestülpt wird. In der Regel haben sie ein sehr kleines Packmaß. Zwar gibt es auch High-End-Modelle, die deutlich größer und teurer sind, aber diese wirst du abgesehen von winterlichen Touren nicht benötigen.
Mit der richtigen Ausrüstung benötigst du nur noch einen geeigneten Schlafplatz. Achte dabei darauf, dass der Schlafplatz nicht in der Nähe von Gewässern liegt. Ein Biwak bietet weniger Schutz vor Nässe und Mücken als ein Zelt. Am besten für dein Biwak geeignet sind Lichtungen und ähnliche ebene Flächen. Entferne möglichst alle großen Steine und spitze Gegenstände unter deiner Isomatte, damit du gemütlich schlafen kannst.
So gelingt deine Übernachtung in der Hängematte
Im Großen und Ganzen unterscheidet sich eine Hängematte nur in wenigen Aspekten von einem Biwak. Deswegen werde ich auf die bereits beschriebenen Ausrüstungsgegenstände nur noch kurz eingehen und Tipps geben. Die ausführlichen Erklärungen kannst du oben nachlesen. Du benötigst neben einem Schlafsack und einer Isomatte natürlich noch eine Hängematte. Dazu kommen gegebenenfalls ein Mückennetz und eine regenfeste Plane.
🟢 Der Schlafsack sollte den oben beschriebenen Kriterien entsprechen. Achte besonders auf die Temperaturen der Komfortzone. Zur Orientierung: Lediglich im Hochsommer nutze ich einen Hüttenschlafsack, ansonsten greife ich zu meinem Winterschlafsack.
Die Isomatte wird in der Hängematte unter den Schlafsack gelegt und schützt dich vor dem kalten Wind. Aus diesem Grund fallen alle festen Matten aus dem Raster. Aufblasbare Matten sind am besten für Hängematten geeignet und dort auch weniger anfällig für Schäden.
🟢 Nun zum Herzstück deines Nachtlagers: Die Hängematte ist der Dreh- und Angelpunkt deiner Übernachtung und besteht aus zwei Teilen. Die Hängematte ist sehr einfach auszuwählen, da es zwischen den einzelnen Anbietern praktisch keine Unterschiede gibt.
🟢 Beim zweiten Teil handelt es sich um die Gurte, mit denen du die Matte an den Bäumen befestigen wirst. Dort sind mir zwei Typen bekannt: dünne Stricke und breite Gurte. Ich empfehle dir wärmstens zu einem breiten Gurt zu greifen, weil er keine Spuren am Baum hinterlässt. Die dünnen Stricken neigen dagegen dazu die Rinde des Baumes über Nacht abzunutzen.
In der Mückensaison und in der Nähe von Gewässern kannst du ebenfalls auf einen Mückenschutz zurückgreifen. Diesen kannst du für unter 10€ bestellen und lässt sich ganz einfach um die Hängematte spannen. Auch Regenschutzplanen gibt es zu erschwinglichen Preisen und kleinen Packmaßen und lassen sich wunderbar an denselben Bäumen deiner Hängematte aufspannen.
Den perfekten Platz für deine Hängematte findest du zwischen zwei kräftigen, ausgewachsenen Bäumen. Sie sollten in etwa drei bis vier Meter voneinander entfernt sein. Wichtiger als der Abstand ist aber, dass du die Hängematte an ihren Gurten straff ausspannst. Sie sollte beinahe gerade in der Luft hängen. Wenn du dich in die Matte setzt, sollte sie noch etwa 50 Zentimeter über dem Boden hängen.
Es sind nur wenige Komponenten, auf die es ankommt, wenn du dich an einen zeltlosen Wanderausflug wartest. Drei bis fünf mit Bedacht gewählte Ausrüstungsgegenstände bringen dich auf deinem nächsten naturnahen Abenteuer bereits auf die Siegerstraße.
Ich kann ich dir nur nahelegen dem Ganzen eine Chance zu geben. Spätestens am Morgen, wenn die Sonne auf geht und ein sanfter Wind durch dein Nachtlager streicht, wirst du das spüren, was dich in einem Zelt nie erreichen wird. Einen Hauch von Freiheit.
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